0x556c69 hat geschrieben:....was lernende Systeme mit riesigen Datenmengen anstellen können, von allein in Gold verwandeln". Wasserstoff in Gold, verstehe ich, kostet viel Energie. Aber Bits in Gold? ......
Und von Seite der Politik weniger eine Sicht auf die Metriken (Akademiker-Quote, Alter der Absolventen, PISA, VERA, ...) als auf das Ergebnis. Da sind wir sofort bei strengeren Prüfungen, längerer Schuldauer und auch Elitenförderung. Aber schon wird man nicht mehr gewählt, weil sich dann ja viele Wähler diskriminiert fühlen und auf Chancengleichheit pochen.
...)
Zu Ersterem lautet meine Vermutungen:
- der perfekte Verkäufer. Darüber kann direkt Geld generiert werden. Ah, der fährt eine S-Klasse, also bieten wir ihm im Netz nur 5* Hotels zur Auswahl, alles No-Name fällt weg, dafür Glamour. Ach nein, der macht ja X also besser Edel-Understatement (zum Extrapreis). Eine kleine Primitiv-Version.
- analysis on request, für die man kräftigst zahlen muss
- ... ? Fantasie ist gefragt ? ...
Zu Zweitem:
- in der Reihe der absoluten Kotzbegriffe fehlt mein Lieblingsfeindbild
OECD - zur Elitenförderung gehört stimmig, dass denjenigen, denen das Zeug zur Elite fehlt - das ist per definitionem die Mehrheit - ebenfalls die optimale Förderung geboten wird. Hier war die die alte BRD perfekt aufgestellt mit ihrem differenzierten Ausbildungsangebot, das hoch qualifizierte Handwerker, Techniker und eben nicht-akademische Fachleute hervorgebracht hat.
Und gerade das ist durch das stupide OECD Gequake nach "Akademikerquote" gründlich kaputt gemacht worden. In den 80ern las ich erstaunt, dass in Japan Hochschulabsolventen in den Kaufhäusern als Helfer an der Rolltreppe stehen
. Das war mir völlig unverständlich. Mittlerweile nicht mehr. Noch ist es bei uns nicht so weit. Aber dafür wird überall über den Fachkräftemangel geklagt. Na sowas, wer hätte denn das gedacht
?
Ich hatte einen Diplomanden/Diplomandin, der innerhalb von 15 Semestern endlich sein/ihr Studium abgeschlossen hatte, alle Fächer im Diplom mit 4, die Arbeit auch mit 4 (meine einzige, ging aber leider nicht anders). Der/die muss sich jetzt mit seinem/ihrem Status Akademiker durchs Berufsleben quälen. Dabei war er/sie bei der Arbeit sehr gewissenhaft, mit großem Einsatz und Ausdauer. Ich bin mir sicher, dass es Berufsfelder gibt, bei denen gerade das sehr gut zum Einsatz kommt. Aber wissenschaftliches Arbeiten Fehlanzeige. Was für eine Vergeudung von Lebenszeit (und für die Gesellschaft: fehlende Einzahlung in die Sozialkassen).
Den letzten Sargnagel hat diese beschissene Bologna Reform in unser Bildungssystem gerammt. Jetzt sind wir auf das angelsächsische Niveau herunter getrimmt worden. In den 70ern und 80ern haben mir alle amerikanischen bzw. britischen Kollegen, die bei uns einen Post-Doc machten, bestätigt, dass eine deutsche Diplomarbeit (Biologie/Chemie) qualitativ höher einzuschätzen sei als eine Master Arbeit. Ein promovierter deutscher Naturwissenschaftler hatte keinerlei Mühe, im "gelobten Land" - God's own country (nowadays "first !!") - sofortissime eine Stelle als Post-Doc zu bekommen. Nebenbei findet man in der Majorität auf diesen Stellen in den USA Ausländer. Stichwort brain drain.
Das letzte Lichtlein, was Bachelor/Master bedeutet, ging mir in einer meiner letzten Vorlesungen auf, als ich ein klassisches Nachweisverfahren vorstellte, beim Laktatdehydrogenase durch Reduktion von Tetrazolen zu Formazan nachgewiesen wurde. Als ich dann in meiner nervenden Art mal nachfragte, ob den niemand erstaunt sei, dass man LDH durch diese Reaktion nachweisen könne, erntete ich
. Hier muss ich erklären, dass die LDH zum allgemeinen biochemischen Basiswissen gehört. So wie man als TT-Spieler weiß, dass die glatten Beläge innen noch Noppen haben. Weitere Nachfrage von mir - mittlerweile misstrauisch
- was das Enzym denn überhaupt mache. Eine der angebotenen Antworten: Proteine phosphorylieren.
. Da es sich um eine Veranstaltung des Masterstudiums handelte, kam sie von einem Bachelor Biologie oder Chemie. Nach weiteren 5 Minuten war der Sachverhalt dann geklärt, und ich konnte mir die Bemerkung nicht verkneifen, dass sich alle Anwesenden glücklich schätzen dürfen, keine Diplomprüfung mehr machen zu müssen. Rundum
strahlende Gesichter.
Ein klassisches Beispiel für Bulämie-Lernen. Zum Teil galt das auch im alten System. Drei Jahre nach meiner Diplomprüfung war Vieles auf den Meeresgrund gesunken aber sowas wie die LDH bestimmt nicht. Man musste sich alles für die vorlesungsbegleitenden Übungen/Seminare/Aufnahmeklausuren (für die anschließende Praktika) zum ersten Mal 'reinziehen, zum Vordiplom zum zweiten Mal, bei praktikumsbegleitenden Prüfungsgesprächen im Hauptstudium sollte man auch nicht gerade durch entsprechende Gletscherspalten auffallen (also schnell nochmal ins Buch geschaut) und dann die Diplomprüfung - 3 Monate rundum Monsterlernen. Und für die Promotion habe ich rein sicherheitshalber den Citratzyklus zum dunnemalsten überflogen. Nicht umsonst heißt es seit alters her
reptitio mater studiorum est
Und die repetitio ist gerade gründlichst minimiert, "bolognisiert" worden.
Ach ja: das Ganze sollte zu schnellerem Studium mit weniger Abbrüchen führen. Die ersten verschämt publizierten Bilanzen: mehr Abbrecher, längere Gesamtstudiendauer (bis inkl. Master). Wenigstens das mit den Abbrechern ist positiv, denn es zeigt, dass die Selektion über zu bestehende Klausuren funktioniert, an denen man sich aber 6x versuchen kann und dann via Ausnahmegenehmigung noch ein weiteres mal. Die längere Gesamtdauer ist der Bachelorarbeit zu verdanken, die zwar nicht über das Niveau und den Umfang des früheren Forschungspraktikums (6 Wochen im Labor der Wahl, dann Abschlussprotokoll) hinausgeht, aber durch den reglementierten Firlefanz Vorstellung und Prüfung zur Arbeit, nebst Gutachten und Zweitgutachten (ich kenne keinen Kollegen, der als Zweitgutachter seine Zeit damit vergeudet hat, einen Blick in eine Bachelorarbeit zu werfen; da heißt es höchst ökonomisch "Ich stimme zu" und zwar dem Erstgutachter) frisst das halt ein ganzes Semester statt der 6 Wochen.
Wofür das Ganze ? Für einen Bachelortitel, mit dem man nichts anfangen kann. Gefordert ist der Master (Minimum).
p.s. die Juristen und Mediziner wischen sich noch jetzt den Schweiß der Erleichterung von der Stirn, dass sich sich diesen Scheiss erspart habe.